Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)

Titel: Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)
Originaltitel: Birdman or (The Unexpected Virtue of Ignorance)
Regie: Alejandro González Iñárritu
Musik: Antonio Sánchez
Darsteller: Michael Keaton, Edward Norton, Emma Stone

Schauspieler Riggan Thomson (Michael Keaton) erlangte große Berühmtheit in der Rolle des gefiederten Comic-Helden Birdman, doch das ist viele Jahre her. Da seine Filmkarriere praktisch erfolglos ist, möchte sich Riggan nun als Bühnenschauspieler und Regisseur eines Theaterstücks am Broadway beweisen. Doch die Produktion wird durch mehrere Probleme erschwert. Unter anderem kämpft Riggan um die Beziehung zu seiner drogensüchtigen Tochter Sam (Emma Stone) und muss sich gegenüber seinem exzentrischen Hauptdarsteller Mike Shiner (Edward Norton) behaupten. Und letztendlich spricht immer wieder die Stimme Birdmans zu ihm und versucht ihn dazu zu bringen, wieder in das alte Kostüm zu schlüpfen, anstatt diesen verkopften Künstlermist auf die Beine stemmen zu wollen.

Ich bin seit langer Zeit ein großer Fan von Regisseur Alejandro González Iñárritu. In Filmen wie „Amores Perros“, „21 Gramm“ oder „Babel“ bewies er nicht nur ein gutes Händchen für interessante Dramen, sondern zeichnete sich auch durch interessante Erzählstrukturen aus. So verlaufen beispielsweise die Szenen von „21 Gramm“ nicht chronologisch und die Handlung von „Babel“ erstreckt sich über mehrere Kontinente. Iñárritu ist dabei der Meister depressiver Stimmungen und Bilder, denen er aber immer etwas eigentümlich Schönes verleihen kann. Insofern war ich sehr gespannt auf „Birdman“, welcher sicher erstmals einiger komödiantischer Elemente bedienen sollte. Diverse Lobeshymnen steigerten meine Vorfreude, welche nicht enttäuscht wurde: „Birdman“ ist ein meisterhafter Film, der jeden seiner Oscars mehr als verdient hat.

Man kann nicht über „Birdman“ sprechen, ohne Michael Keaton zu loben. Der einstige Batman-Darsteller überzeugt absolut in der Hauptrolle und man fragt sich, was der gute Mann die letzten Jahrzehnte eigentlich getrieben hat. Der unterschwellige Reiz von „Birdman“ ist dafür aber der, dass Keaton in gewisser Weise seinen eigenen Karriereverlauf thematisiert. Doch auch die Nebenrollen sind absolut passend besetzt, egal, ob es sich nun um Zach Galifianakis als Produzent, Andrea Riseborough und Naomi Watts als Schauspielerinnen oder Emma Stone als desillusionierte Tochter handelt. Besonders erwähnen möchte ich aber Edward Norton, der in der Rolle des exzentrischen Method Actors förmlich aufgeht. In den Szenen, die er sich mit Keaton teilt, brennt die Luft. Hier trägt natürlich auch das ausgezeichnete Drehbuch mit den clever geschriebenen Dialogen seinen Teil dazu bei und jeder, der Schauspielkino schätzt, wird „Birdman“ lieben.

Doch auch die technischen Aspekte machen die Klasse dieser Filmperle aus. Für die Kamera zeigt sich Emmanuel Lubezki verantwortlich, der die Zuschauer bereits in „Gravity“ mit seinen langen Plansequenzen verzauberte. Er lässt „Birdman“ wie einen einzigen One-Shot wirken. Natürlich wurde die Kamera während dem Drehen auch mal abgestellt und an zwei, drei Stellen im Film merkt man dies überdeutlich. Aber ansonsten gehen sämtliche Szenen fließend ineinander über und lassen „Birdman“ eine temporeiche Intensität entwickeln. Es gibt im Grunde keinerlei Pause oder Länge, was einem nicht ganz fitten Zuschauer anstrengend vorkommen kann. Doch Kamera und Schnitt ergänzen meisterhaft das Konzept des Films, schließlich werden dadurch Anspannung und nervlicher Verfall das Protagonisten immer deutlicher. Unterstützt wird dies auch durch den minimalistischen, aber voran treibenden Soundtrack, der lediglich aus Jazz-Drumming besteht.

Fazit: „Birdman“ überzeugt auf allen Ebenen. Er ist darstellerisch und technisch grandios, teilt Seitenhiebe auf das moderne Blockbusterkino aus, beschäftigt sich mit der Liebe zu Kino und Theater und wirft die Frage auf, ob Beachtung und Liebe wirklich gleichzusetzen sind. Dieses Naturgewalt von einem Film erhält von mir 9 von 10 Popcornguys!

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