Das Jahr 2022 neigt sich seinem Ende entgegen und wir blicken – in meiner subjektiven Wahrnehmung – auf ein eher schwächeres Filmjahr zurück. Natürlich, es gab einige qualitativ hochwertige Ausnahmen, aber allgemein scheint mir doch Luft nach oben zu sein. Insofern: Werfen wir einen optimistischen Blick voraus auf die Filmstarts 2023! Ach ja, und da laut Meister Yoda die Zukunft in ständiger Bewegung ist, kommen sämtliche Termine ohne Gewähr. Auch für Vollständigkeit kann ich nicht garantieren.
Den Anfang macht im Januar „The Banshees Of Inisherin“. Pádraic (Colin Farrell) und Colm (Brendan Gleeson) spielen beste Freunde, die Anfang der 1920er Jahre ein routiniertes, möglicherweise etwas eintöniges Leben an der irischen Westküste führen. Eines Tages, anscheinend ohne besonderen Anlass, kündigt Colm seinem langjährigen Kumpel die Freundschaft – und nicht nur das: Sollte Pádraic dennoch bei ihm aufkreuzen, möchte sich Colm jedes Mal selbst einen Finger abschneiden. Bei „The Banshees Of Inisherin“ musste ich nicht einmal den Trailer abwarten, um ihn mir auf die Liste zu setzen, denn Regie führt hier Martin McDonagh, der uns unter anderem mit „7 Psychos“ und „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ beglückte. In „Brügge sehen…und sterben?“, einem weiteren Glanzstück des Regisseurs, konnten Colin Farrell und Brendan Gleeson bereits vor Jahren ihre grandiose Dynamik unter Beweis stellen. Man darf sich also durchaus darauf freuen, die beiden unter diesen idealen Voraussetzungen wieder vereint vor der Kamera zu sehen. Anfang Januar erscheint „Der denkwürdige Fall des Mr. Poe“ auf Netflix. Eigentlich hatte der Film bereits 2022 einen Kinostart, doch nur einen ganz kleinen. Harry Melling spielt Edgar Allan Poe, den späteren Schriftsteller, der als junger Kadett an einer US-Militärakademie eine Mordserie an den Soldaten miterlebt. Ein Detektiv namens August Landor (Christian Bale) arbeitet an dem Fall und erhält Unterstützung von Poe. Der Trailer zu „Der denkwürdige Fall des Mr. Poe“ ist kurz, aber stimmungsvoll und macht definitiv neugierig.
Mitte Januar könnte es mit „M3GAN“ etwas für die Horrorfans geben. Die junge Cady (Violet McGraw) verliert ihre Eltern und kommt bei ihrer Tante (Allison Williams) unter. Diese war an der Entwicklung einer mit künstlicher Intelligenz ausgestatteten Puppe namens M3GAN beteiligt. Um ihre Nichte aufzumuntern, nimmt die Wissenschaftlerin den Prototypen des Roboters mit nach Hause. M3GAN freundet sich mit Cady an, allerdings entwickelt sie einen für das Umfeld des Mädchens tödlichen Beschützerinstinkt. Ende Januar meldet sich Regisseur Florian Zeller zurück. Der Schriftsteller verfilmte 2020 sein eigenes Theaterstück „The Father“ auf beeindruckende Weise, mit Anthony Hopkins in der Hauptrolle. In seinem neuen Film „The Son“ spielt Hugh Jackman Peter, einen erfolgreichen Anwalt, der nicht nur Karriere macht, sondern auch eine neue Familie gründet. Doch Nicholas (Zen McGrath), sein 17-jähriger Sohn aus erster Ehe, leidet unter Depressionen. Peter möchte helfen, allerdings unterschätzt er die Krankheit des jungen Mannes. Hugh Jackman stehen in „The Son“ hochkarätige Darsteller wie Laura Dern und Anthony Hopkins zur Seite. Trotzdem scheint der Film bei den Kritikern weniger gut anzukommen als „The Father“. Ins Kino zieht es mich hier dennoch.
Hochkarätig wird es in Sachen Cast auch bei „Babylon“, dem neuen Film von Damien Chazelle („Whiplash“, „La La Land“). Margot Robbie und Brad Pitt sind Teil einer Handlung, die im Hollywood der 1920er Jahre angesetzt ist und den Wandel vom Stumm- zum Tonfilm thematisiert. Glaubt man dem temporeichen Trailer, wurde diese cineastische Revolution von einer Menge Sex, Party und Drogen begleitet. Der deutsche Zusatztitel „Im Rausch der Ekstase“ wird einem da auf die Sprünge helfen, sollte man die bewegten Bilder nicht verstanden haben. Bislang lässt mich das Projekt eher kühl, der Trailer wirkt auf mich zu gewollt. Aufgrund des Themas wird sich Damien Chazelle bei den Oscars aber sicher Chancen ausrechnen dürfen. Ende Februar wird ein Western mit dem Titel „Dead For A Dollar“ auf DVD verramscht – vielleicht auch zurecht, glaubt man den Kritikern. Erwähnen wollte ich den Film dennoch, allein aufgrund der Beteiligung von Christoph Waltz und Willem Dafoe, die sich hier ein Duell liefern.
Anfang März startet „Tár“ in unseren Kinos. In dem fiktionalen Musikdrama spielt Cate Blanchett eine Dirigentin namens Lydia, die als erste Frau einem großen deutschen Orchester vorsteht. In dieser von Männern dominierten Berufswelt muss sich die Künstlerin durchsetzen und behaupten. Gleichzeitig steht sie in ihrem Privatleben vor mehreren Problemen. Thematisch interessiert mich „Tár“ nicht gerade brennend, allerdings wird Cate Blanchett in höchsten Tönen gelobt und wer gutes Schauspiel schätzt, sollte in dieser Hinsicht wohl gut bedient werden. Wer ein bisschen mehr Testosteron braucht, könnte sich „Creed 3“ vormerken. Michael B. Jordan spielt zum dritten Mal den Boxer Adonis Creed, der nicht nur die Rolle des Familienvaters annehmen, sondern auch ohne seinen Mentor Rocky (Sylvester Stallone) zurechtkommen muss. Da erscheint es stimmig, wenn Jordan nicht nur die Hauptrolle, sondern auch die Regie übernimmt.
Bei den Oscars 2023 dürfte einer der größten Regisseure aller Zeiten eine Rolle spielen, denn er ist mit einem Film am Start, der nicht nur perfekt zu Hollywood, sondern auch zu ihm selbst passt. Steven Spielberg präsentiert uns „Die Fabelmans“, eine Geschichte über Sammy, der in den USA der 1950er Jahre aufwächst. Als der Junge seinen ersten Film sieht, beeindruckt und prägt ihn das so sehr, dass er selbst Filmemacher werden möchte. Die Parallelen zu Spielbergs eigenem Leben in diesem Coming-of-Age-Drama sind unübersehbar. Ende März hat das Kino – erneut – etwas für Fans von Kaiserin Elisabeth zu bieten. „Sisi und ich“ zeigt eine von ihrem Gatten Franz unabhängige Monarchin, die mit ihrem weiblichen Gefolge durch Europa tingelt. Gespielt wird Sisi von Susanne Wolff, erzählt wird das Ganze jedoch aus Sicht einer ihrer Hofdamen (Sandra Hüller).
Im April bleibt es zunächst historisch. Mit „Die drei Musketiere – D’Artagnan“ erwartet uns eine Neuverfilmung des klassischen Romanstoffs, jedoch in Form einer französischen Produktion und mit eher ernsterem Tonfall. International bekannt sind die Darsteller Vincent Cassel und Eva Green. Die Geschichte ist als Zweiteiler konzipiert, wobei der zweite Teil – „Die drei Musketiere – Milady“ – bereits im Dezember 2023 startet. Zurück in den April, denn hier könnte es nochmal bizarr werden. In „Renfield“ spielt Nicholas Hoult den Gehilfen Draculas, der nach Jahrhunderten des Dienens und Malochens keine rechte Lust mehr auf seinen Meister hat – verständlich, denn dieser wird von Nicolas Cage gespielt! Dass Cage in der Rolle des Vampirs sämtliche Ressourcen seines darstellerischen Wahnsinns anzapfen kann, hat er ja bereits in „Vampire’s Kiss“ bewiesen. Ende April kann man in Deutschland Darren Aronofskys („Black Swan“, „mother!“) neuestes Werk sehen. In „The Whale“ spielt Brendan Fraser einen Vater namens Charlie, der einst wegen einem Mann seine Familie verließ. Ein Schicksalsschlag ließ Charlie jedoch eine schwere Essstörung entwickeln. Der inzwischen stark übergewichtige Vater möchte sich nun wieder mit seiner 17-jährigen Tochter in Verbindung setzen. Kritiker lobten bereits Frasers gefühlvolle Darstellung und sie ist es auch, die mich – in Kombination mit dem Können des Regisseurs – ins Kino lockt.
Was mich genau beim nächsten Film ins Kino locken soll, ist mir immer noch nicht so ganz klar. Ende Juni startet mit „Indiana Jones und der Ruf des Schicksals“ der fünfte Teil der Reihe – also stolze 15 Jahre nach „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“, der ja – freundlich ausgedrückt – nicht besonders gut ankam. Vor ein paar Monaten habe ich ihn mir nochmal angesehen und störte mich erneut am schlecht eingesetzten CGI und der Handlung rund um die Aliens. Harrison Ford konnte man die Rolle des dynamischen Archäologen-Abenteurers gerade noch so abnehmen – aber wird das nun, so viele Jahre später, mit einem über 80-jährigen Darsteller immer noch so sein? Greifen sie Indys Alter womöglich thematisch auf und finden eine clevere Lösung? Kann man aufgrund von Regisseur James Mangold („Walk The Line“, „Logan“) und der Tatsache, dass George Lucas nicht am Drehbuch beteiligt war, Hoffnung haben? Der Trailer zu „Indiana Jones und der Ruf des Schicksals“ lässt mich jedenfalls weiterhin skeptisch zurück. Immerhin ist John Rhys-Davies wieder dabei. Und Mads Mikkelsen spielt einen Nazi, das ist doch schon mal was.
Der Juli ist traditionell Blockbuster-Zeit und kaum jemand liefert bessere Blockbuster mit Anspruch-Anstrich als Christopher Nolan („Inception“, „The Dark Knight“). Doch 2023 entführt uns Nolan in keine schwarzen Löcher, Traumwelten oder Paralleldimensionen. Stattdessen präsentiert er uns ein – vermeintlich – handfestes Biopic. In „Oppenheimer“ spielt Cillian Murphy den Physiker J. Robert Oppenheimer, der als Erfinder der Atombombe gilt – wir haben also ein Thema, welches angesichts des wieder aufkochenden Kalten Krieges eine gewisse Brisanz hat. Der Cast liest sich wie ein Traum, denn Murphy stehen unter anderem Emily Blunt, Matt Damon, Florence Pugh, Rami Malek und Robert Downey Jr. zur Seite. Einen allzu bodenständigen oder geradlinigen Film sollte man bei Nolan allerdings nicht erwarten, denn mit Sicherheit hat sich der Brite wieder eine ganz spezielle Erzählweise ausgedacht. Freunde von bunten und grellen Farben sollten sich „Barbie“, den neuen Film von Greta Gerwig („Lady Bird“, „Little Woman“) auf die Liste setzen. Denn ein wenig nach Augenkrebs sehen die ersten Bilder von Margot Robbie und Ryan Gosling in den Hauptrollen ja schon aus. Bei Regisseurin Gerwig und den anderen Beteiligten kann man aber davon ausgehen, dass es sich beim Projekt nicht um einen simplen Film über die weltberühmte Spielzeugpuppe handelt – ich rechne stark mit einem feministischen Ansatz. Ende des Jahres, im November, erwartet uns schließlich der Knaller, auf den ich mich am meisten freue: „Dune: Part Two“ vom großartigen Regisseur Denis Villeneuve. Der zweite Teil der Romanverfilmung sollte einen wesentlichen Teil von Frank Herberts Science-Fiction-Epos abschließen. Sicherlich darf man sich erneut auf umwerfende Bilder und einen bombastischen Soundtrack von Hans Zimmer freuen. Der ohnehin herausragende Cast des ersten Teils wird durch Florence Pugh und Christopher Walken weiter bereichert.
Neben diesen einigermaßen fixen Kinostarts hat das Jahr 2023 noch zahlreiche Filme zu bieten, die aktuell keinen festen Start haben oder sich eher in der Schwebe befinden. Alex Garland („Ex Machina“ – großartig, „Auslöschung“ – gut, „Men“ – okay) arbeitet für A24 an einem Actionfilm mit dem Titel „Civil War“. Die Story spielt in den USA der nahen Zukunft und scheint thematisch um die Polarisierung der Gesellschaft zu kreisen. Die Hauptrolle übernimmt Kirsten Dunst. Mark Wahlberg spielt in „Father Stu“ den Amateur-Boxer Stuart Long, den eine Verletzung zum Umdenken zwingt. Die auf wahren Begebenheiten basierende Geschichte führt Stu nach Los Angeles, wo in ihm die Überzeugung wächst, katholischer Priester zu werden. Derweil arbeitet Kevin Costner („Der mit dem Wolf tanzt“) an einem neuen Western epischen Ausmaßes: „Horizon“ ist eine ganze Filmreihe, die 15 Jahre umspannt und sich der Besiedelung des amerikanischen Westens widmet.
Immer mehr neue Werke großer Regisseure finden sich auf Streamingdiensten. So dreht David Fincher („Sieben“, „Fight Club“) seinen neuesten Film „The Killer“ für Netflix. Der Thriller basiert auf einem französischen Comic, in der Rolle des Auftragskillers ist Michael Fassbender zu sehen. Joaquin Phoenix wird in „Napoleon“ zum gleichnamigen General, Diktator und Kaiser. Regie führt Ridley Scott, das Historiendrama wird auf Apple TV+ zu sehen sein. Ebenfalls dort veröffentlicht Martin Scorsese „Killers Of The Flower Moon“. In diesem Western geht es um die Ermordung amerikanischer Ureinwohner und die Ermittlungen des FBI. Neben Stars wie Leonardo DiCaprio und Robert De Niro werden viele indigene Darsteller zu sehen sein. Für Netflix wird Bradley Cooper nach „A Star Is Born“ erneut als Regisseur tätig. Das Biopic „Maestro“ handelt vom Komponisten Leonard Bernstein. Cooper selbst übernimmt die Hauptrolle, als Bernsteins Ehefrau wurde Carey Mulligan gecastet.
Auch Bong Joon-ho („Snowpiercer“, „Parasite“) arbeitet an einem neuen Werk, und zwar an der Romanverfilmung „Mickey 17“, in der es um ein Raumschiff voller Kolonisten geht. Robert Pattinson ist mit an Bord und spielt einen „Expendable“, also ein Besatzungsmitglied, welches für extrem riskante Missionen verantwortlich ist und das im Fall seines Ablebens einfach nachgeklont wird. Eventuell erscheint „Mickey 17“ aber auch erst im Jahr 2024. Ebenfalls länger warten muss man wohl auf „The Lord Of The Rings: The War Of The Rohirrim“. In dem an Peter Jacksons „Der Herr der Ringe“-Trilogie angelehnten Animationsfilm wird die Vorgeschichte Rohans beleuchtet. Um ein Prequel handelt es sich auch bei „A Quiet Place: Day One“. Regisseur Michael Sarnoski („Pig“) wird uns die Ursprünge der Apokalypse erzählen, in der äußerst lärmempfindliche Aliens die Menschheit bedrohen.
„Weird: The Al Yankovic Story“ ist ein Biopic über den kultigen Musiker und Komiker Alfred Matthew „Weird Al“ Yankovic, den ich persönlich nur aus dem Klamauk-Film „UHF – Sender mit beschränkter Hoffnung“ kenne. Die Hauptrolle spielt Daniel Radcliffe, der optisch wie die Faust aufs Auge passt und mit Sicherheit Spaß an all dem Quatsch hat. Robert Eggers („The Witch“, „Der Leuchtturm“) arbeitet vermutlich an einer Neuverfilmung von „Nosferatu“. Aktuell wird man wohl Bill Skarsgård, Lily-Rose Depp und Nicholas Hoult in tragenden Rollen sehen. Noch weniger handfeste News gibt es von Yorgos Lanthimos („The Lobster“, „The Favourite“) und seiner seit etwa drei Jahren geplanten Romanverfilmung „Pop. 1280“. Mit „Star Wars: Rogue Squadron“ könnte der Sternenkrieg wieder ins Kino zurückkehren, nachdem die Sequel-Trilogie mit ihrem Tiefpunkt „Der Aufstieg Skywalkers“ die große Leinwand vorerst niederbrannte. Apropos J.J. Abrams: Seine Enterprise-Crew rund um Chris Pine soll in „Star Trek 4“ einen weiteren Auftritt bekommen. Momentan scheint man aber noch keinen Regisseur zu haben und offizielle Statements der Schauspieler fehlen, soweit ich das sehe, auch noch.
Ich hoffe, dass bei dieser Jahresvorschau so manches für euch dabei war und ihre eure eigenen Listen nun ergänzen könnt. Habe ich vielleicht für euch wichtige Filmprojekte vergessen? Falls ja: Lasst es mich in den Kommentaren wissen! Meinerseits schon mal viel Spaß mit den Filmen im Jahr 2023!