Three Billboards Outside Ebbing, Missouri

Titel: Three Billboards Outside Ebbing, Missouri
Originaltitel: Three Billboards Outside Ebbing, Missouri
Regie: Martin McDonagh
Musik: Carter Burwell
Darsteller: Frances McDormand, Sam Rockwell, Woody Harrelson

Mildred Hayes (Frances McDormand) lebt in der amerikanischen Kleinstadt Ebbing und hat mit einem schweren Schicksal zu kämpfen: Ihre Tochter wurde vergewaltigt und getötet. Das ist nun Monate her und die polizeilichen Ermittlungen stehen still. Mildred möchte den Fokus der Öffentlichkeit wieder darauf lenken und mietet drei große Werbetafeln außerhalb von Ebbing. Diese werden mit den provokanten Sätzen „RAPED WHILE DYING“, „AND STILL NO ARRESTS?“ und „HOW COME, CHIEF WILLOUGHBY?“ beklebt. Mildred macht für die Ergebnislosigkeit des Falls also Sheriff Bill Willoughby (Woody Harrelson) verantwortlich, dessen Truppe eher damit beschäftigt zu sein scheint, Banalitäten nachzugehen oder Schwarze zu verprügeln. Besonders rassistisch fällt hierbei Officer Jason Dixon (Sam Rockwell) auf.

„Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ ist der neue Film von Regisseur Martin McDonagh, von dem man bereits Werke wie „Brügge sehen… und sterben?“ und „7 Psychos“ bestaunen durfte. Diese zeichneten sich vor allem durch skurrile Charaktere und tragikomische Elemente aus. Das bekommt man nun in „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ auch – doch dieser Film ist meiner Meinung nach nochmal eine Ecke besser, was den Oscar-Hype gerechtfertigt.

„Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ ist wie ein üppiges Menü, bei dem man sich vor dem Essen fragt, wie all diese unterschiedlichen Speisen denn zusammenpassen sollen. Da gibt es Szenen, in denen ich tatsächlich laut lachen musste, was bei mir im Kino selten passiert. Doch gleich darauf passieren Dinge, die einem Schlag in die Magengrube gleich kommen. Ein solcher Mix kann schnell nach hinten losgehen. Doch Regisseur McDonagh, der sich auch für das Drehbuch verantwortlich zeigt, erzählt die Geschichte mit einer wunderbaren Balance zwischen Tragik und Komik. Gepaart mit den vielen Überraschungen und einigen unkonventionellen Entscheidungen ergibt das einen sehr dichten Film, der zu keinem Zeitpunkt langweilig wird.

Natürlich lebt „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ aber hauptsächlich von seinen Charakteren und den damit verbundenen Darstellern, die allesamt groß aufspielen. Anfangen möchte ich mit der Hauptfigur. Mildred (wunderbar ruppig und knorrig: Frances McDormand) kritisiert die Polizeiarbeit und den dortigen Rassismus. Da hat sie ohne Frage Recht und der aktuelle Bezug wird deutlich, wenn man sich beispielsweise die entsprechende Lage in den USA vor Augen führt. In einer solchen Ausgangssituation wäre es natürlich verlockend (und auch einfach) gewesen, aus Mildred eine strahlende, durch und durch aufgeklärte Heldin zu machen, die sich Institutionen und gesellschaflichem Konservatismus entgegen stellt und handelt. Doch diesen Weg geht der Film nicht. Stattdessen hat auch Mildred ihre Schwächen: Sie pflegt eigene Vorurteile, wird von Schuldgefühlen und Egoismus angetrieben und hat zuweilen totalitäre Anwandlungen. Ja, man könnte sogar soweit gehen und Mildred hier und da als unsympathisch bezeichnen.

Ähnlich differenziert sieht es bei den Nebencharakteren aus. Auch hier wäre es leicht gewesen, aus Sheriff Whilloughby (stark: Woody Harrelson) einen schwachen Polizeichef zu machen, der angesichts der rassistischen Vergehen seiner Leute wegschaut. Nun, das tut er zwar auch, doch damit ist der Charakter nicht fertig. Whilloughby trägt seine eigenen Probleme mit sich herum, wird als liebevoller Vater gezeigt und sorgt sich am Ende mehr um die Einwohner Ebbings, als man anfangs denkt. Ebenso interessant gestaltet sich die Figur von Officer Dixon, welchem Sam Rockwell auf unfassbar gute Art und Weise Leben einhaucht. Der Polizist ist ein Rassist durch und durch und handelt im Film mehrmals furchtbar. Aber gleichzeitig kann man sich als Zuschauer einer gewissen Sympathie nicht entziehen – und letztendlich steckt auch hinter Dixon mehr, als eine bloße schwarz-weiß-Schablone hergeben würde.

Jetzt könnte man natürlich damit argumentieren, dass die guten Seiten und Taten der Charaktere ihre schlechten Züge keineswegs aufheben oder vergessen machen. Das mag sein, allerdings möchte ich hier betonen, dass man all das vor dem Hintergrund McDonaghs Skurrilität sehen muss. Außerdem war mein Gefühl während dem Film ein anderes. Fast jede Figur in „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ handelt egoistisch und gefährdet damit jegliche Form von Gemeinschaft. Alle Charaktere sehen sich im Recht, bis sie schließlich auf ihr einfachstes und verletztlichstes Menschsein heruntergebrochen werden. Und wenn sich die Figuren in jenen Momenten begegnen, kommt es zu einigen sehr schönen und intimen Szenen, in denen Wut durchbrochen wird und in denen Gemeinschaft zu spüren ist, wie man sie nicht erwartet hätte. Vielleicht kommen im Film nicht alle zu ihrem Recht oder bekommen das, was sie verdienen. Doch auf eine seltsame Art und Weise hinterlässt mich „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ mit einem optimistischen Gefühl – und das ist in einer Welt, wo sich Extreme zuspitzen und man anscheinend alles und jeden hassen muss, schon etwas wert.

Für die Oscars kann man „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ die Daumen drücken. Ich verteile starke 9 von 10 Popcornguys!

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