Es

Titel: Es
Originaltitel: It
Regie: Andy Muschietti
Musik: Benjamin Wallfisch
Darsteller: Jaeden Lieberher, Sophia Lillis, Bill Skarsgård

Es ist ein heißer Sommer Ende der 80er Jahre in der amerikanischen Kleinstadt Derry. Sieben Teenager mit verschiedensten Hintergründen finden zueinander: Der Stotterer Bill (Jaeden Lieberher), der übergewichtige Ben (Jeremy Ray Taylor), der kränkliche Eddie (Jack Dylan Grazer), der Jude Stan (Wyatt Olef), der schwarze Waisenjunge Mike (Chosen Jacobs), Labersack Richie (Finn Wolfhard) und die von ihrem Vater missbrauchte Bev (Sophia Lillis). Zusammen gründen sie, sich ihrer eigenen Probleme und Handicaps bewusst, den Club der Verlierer. So schaffen sie es sogar, der angriffslustigen Gang rund um Henry Bowers (Nicholas Hamilton) zu trotzen. Doch assoziale Jugendliche sind längst nicht das einzige Problem des Verlierer-Clubs. In Derry verschwinden Kinder, unter anderem auch Georige (Jackson Robert Scott), der jüngere Bruder Bills. Nach und nach wird dem Club auch klar, was dahinter steckt: Es, eine alte, böse Macht, die sich seinen Opfern oft in der Gestalt des teuflischen Clowns Pennywise (Bill Skarsgård) zeigt. Die Teenager müssen all ihren Mut zusammennehmen, um sich Es und ihren eigenen, tiefsten Ängsten zu stellen.

An keinen anderen Film 2017 habe ich höhere oder klarere Erwartungen gerichtet als an „Es“, nicht einmal an die nächste Episode von „Star Wars“. Und da war ich sicher nicht der einzige. Viele Menschen verbindet mit „Es“ nostalgische Erinnerungen an die TV-Verfilmung aus den 90er Jahren, mit Tim Curry in der Rolle des Clowns. Bei mir ist das eher nicht der Fall. Ich habe während des Studiums den Roman von Stephen King gelesen und mich in das Buch verliebt. Eine ähnlich intensive Leseerfahrung hatte ich bisher lediglich mit Tolkiens „Der Herr der Ringe“. Kings Werk ist vergleichbar umfangreich und nicht einfach nur ein Horror-Buch. Es ist eine Geschichte über Freundschaft und das Erwachsenwerden, welche auf einer komplexen und mysteriös abstrakten Mythologie beruht. Von daher drängt sich einem als Buchkenner eine Frage durchaus auf: Lässt sich dieser Stoff überhaupt perfekt verfilmen? Für mich lautet die Antwort: Nein, zumindest nicht in einem Spielfilm. Ich persönlich hätte ja eine Mini-Serie mit 8 bis 10 Folgen empfohlen, um die Komplexität der Vorlage einzufangen. Aber anscheinend hat niemand mit ausreichend Geld ähnlich gedacht, weswegen wir nun vorerst mit dem Kinofilm leben müssen. Die Frage lautet also: Lässt sich damit gut leben?

Ich möchte mit dem Lob beginnen und der geht zu großen und entscheidenden Teilen Richtung Cast. Hier haben die Verantwortlichen ein wirklich glückliches Händchen bewiesen, denn sämtliche Kinderdarsteller sind gut besetzt und liefern glaubwürdige Performances ab. Besonders hervorheben möchte ich jedoch zwei. Zum einen Jaeden Lieberher, der als Verlierer-Anführer Bill eine Art Hauptrolle ausfüllen muss. Zum anderen Sophia Lillis, deren Charakter Bev den meiner Meinung nach schwierigsten und unangenehmsten Hintergrund hat. Doch die junge Dame meistert ihre Aufgabe mit Bravour und setzt in ihrer Darstellung vielseitige Akzente. Hut ab dafür, ich wünsche ihr eine große Zukunft in Hollywood! Lillis und Lieberher bilden zusammen mit den anderen Kinderdarsteller das Herz des Films. Die Freundschaft der Gruppe wird in jeder Szene deutlich, egal, ob die Teenager schimpfend Schulgänge entlang schlurfen, mit ihren Fahrrädern durch Derry heizen oder das einzige Mädchen in ihrer Mitte anschmachten. Die Chemie ist wunderbar, die zwischenmenschliche Botschaft wird deutlich, und damit ist eine meiner wichtigsten Erwartungen erfüllt worden.

Eine weitere wichtige Säule des Films stellt Bill Skarsgård in der Rolle des Pennywise dar. Er musste in große Fußstapfen treten, bedenkt man die treue Fan-Anhängerschaft von Tim Curry. Doch auch Skarsgård hat geliefert. Sein Pennywise ist anders als der von Curry und den Sehgewohnheiten von 2017 angemessen. Mir hat seine Darstellung besonders in den Details gefallen, wenn er sich auf abartige, aber doch auch amüsante Art über die Ängste seiner Opfer lustig macht. Da ist es fast schade, dass Pennywise im Film relativ wenig Screentime hat, beziehungsweise kaum in Dialoge verwickelt ist. Dafür wird jedoch gut verständlich, dass Es nicht einfach nur ein Clown ist, sondern ein Wesen, welches – je nach Situation – verschiedenste Gestalten annehmen kann. Buchfans müssen sich aber trotzdem auf die ein oder andere Änderung gefasst machen, die für mich aber meistens in Ordnung gehen. Außer vielleicht am Ende. Der Showdown mit Pennywise sah in meinem Kopf einfach ein bisschen geiler und abstrakter aus, als es auf der Leinwand schließlich kam.

Weitere Probleme des Films liegen meiner Meinung nach in den Horrorszenen. Hier soll man mich nicht falsch verstehen, vieles ist Geschmackssache und die einzelnen Settings sind gut durchdacht, spannend und interessant – aber eben oft nicht wirklich gruselig. Das liegt meiner Meinung nach an der Inszenierung. Die Horrorszenen verlaufen häufig nach einem bestimmten Muster, welches in einer lauten Mischung aus Krach, Musik und Jumpscare endet. Das nutzt sich leider irgendwann ab und wird ein Stück weit vorhersehbar. Da hätte mir der Einsatz von subtilerem Horror mehr gefallen. Aber nun ja, auch wenn man Regisseur Andy Muschietti schon auf die Schultern klopfen kann, wird man doch feststellen, dass er beispielsweise kein Stanley Kubrick ist. Dennoch, ein paar Szenen sind trotz dieser Defizite überaus geglückt – an der Stelle lasse ich mal lediglich die Stichworte „Projektor“ und „Waschbecken“ fallen.

Fazit: „Es“ ist sicher nicht der beste Film des Jahres, aber einer der unterhaltsamsten. Er trägt sein Herz am rechten Fleck, was die Geschichte gut zusammenhält, selbst wenn man einiges an den Schock-Momenten kritisieren kann. Ich habe „Es“ sehr genossen und freue mich mittelfristig auf das Sequel in etwa zwei Jahren. Langfristig hoffe ich weiterhin auf eine Mini-Serie – vielleicht ja in 27 Jahren. Vorerst vergebe ich 8 von 10 Popcornguys.

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